Sweet memories ...
Ich erinnere mich noch gut an diesen Moment, der meine Ausbildung zur Zirkuspädagogin vor 10 Jahren krönte. Ich bin backstage, hinter dem Vorhang: Mein Herz klopft! Der “D Song” von Bonobo beginnt mit seinen rhythmischen Glocken, und der Vorhang öffnet sich. Die Scheinwerfer blenden mich, die Stimmung im Publikum ist gespannt, und ich beginne meine Tanzakrobatik-Nummer - das Spiel mit der eigenen Energie - mal kraftvoll und schnell, mal langsam und soft. Ich bin voll im Flow, mit mir und dem Moment zu 100 % verbunden. In diesem Moment wusste ich: Zirkus wird immer ein Teil meines Lebens sein.
Eine der besten Entscheidungen in meinem Leben war, die Ausbildung zur anerkannten Zirkuspädagogin nach BAG Zirkuspädagogik zu machen. Eine einjährige Vollzeitausbildung an der Circus Akademie Berlin, in der ich nicht nur gelernt habe, wie ich verschiedene Zirkuskünste unterrichte, sondern auch DEN Booster für meine eigene persönliche Entwicklung bekam.
Wie das war, warum ich fast nicht, und dann doch noch, Zirkuspädagogin geworden bin, und weshalb ich eine der Glücklichen bin, die ihren Beruf liebt, erfährst du in diesem persönlichen Blogartikel. Here we go:
Der Zirkus, mein neues Zuhause
Ich hab es geliebt damals mit Musik auf den Ohren auf dem Fahrrad von Friedrichshain nach Kreuzberg zu düsen, am Zirkuszelt angekommen mein Rad abzustellen und ins Zelt zu gehen. Ich hab es geliebt, wie die dicken, gelben Röhren dröhnen, und heiße Luft herein pusten und es so uuuunglaublich gut nach Zirkuszelt riecht, und ein weiterer Zirkustag beginnt.
Meine Ausbildung war mental, emotional und körperlich eine sehr intensive und unglaublich bereichernde Zeit. Jeden Tag haben wir als Gruppe von von 8:00 bis 15:00 Uhr trainiert, und gelernt wie wir verschiedene Zirkuskünste unterrichten können, damit die Teilnehmenden über sich selbst hinauswachsen können. Und dabei sind wir selbst mehrmals über uns hinaus gewachst.
Zirkus ist für mich so viel mehr als ein Job, ein Hobby oder eine coole Methode (auch wenn es das natürlich ist). Zirkus ist für mich verbindend, belebend, bestärkend. Zirkus bedeutet für mich Vielfalt, Liebe und Ausdrucksmöglichkeit, er ist für mich ein liebevolle, warmes, bestärkendes Zuhause. Deshalb schreibe ich hier mal meine liebsten 10 Learnings die ich aus meiner bisherigen Zirkuszeit mitnehme.

10 Learnings für meine Persönlicheitsentwicklung aus 10 Zirkusjahren
Neben den ganzen coolen Zirkustechniken, habe ich (genauso cool) für mich persönlich gelernt:
- Eine Verbindung zu mir selbst beibehalten, trotz aller Empathie und Sensitivität: bei mir bleiben. Das war eine meiner schwersten challenges - meinen inneren Fokus, meine Energie, bei mir zu behalten. Mich auch nicht ständig mit anderen zu vergleichen oder deren Themen zu meinen Themen zu machen.
- Meinen Selbstwert fühlen. Ich meine nicht nur im Kopf zu verstehen, sondern zu fühlen, dass ich mit meiner Persönlichkeit etwas Besonderes bin, und der Welt etwas schenken kann, - so wie jede andere Person es auf ihre eigene Weise es auch kann.
- Dankbarkeit für meinen Körper und meine Fähigkeiten. Nie im Leben hätte ich gedacht, was ich alles schaffen kann! Ich habe eine große Dankbarkeit für’ s Leben und die Lebendigkeit, für all die Freude und beflügelnde Energie, die ich im Flow der Zirkuskünste erleben kann.
- Raum einnehmen und mich mit meiner Persönlichkeit ausdrücken. Zirkus schenkt mir einen kreativen Raum, mich auszuprobieren, mich selbst zu reflektieren und zu erkennen. Ich habe gelernt ihn für mich zu nutzen. Mit den kreativen Freiheiten die der Zirkus bietet, habe ich einen unendlichen Spielraum, um mich selbst mit meinen Emotionen und Geschichten die ich erzählen möchte, zu zeigen.
- Die Vielfalt und Individualität an Persönlichkeiten die ich in meiner Arbeit bisher kennenlernen durfte: ich habe in meinen Zirkusangeboten so unfassbar viele verschiedene Persönlichkeiten kennen lernen dürfen. So viele individuelle Menschen, Ansichten, individuelle Gaben - ich liebe es einfach!
- Resilienz: während meiner Arbeit und im eigenen Training bin ich z.B.: immer wieder damit konfrontiert, Lösungen zu finden, und zu akzeptieren, dass Dinge anders laufen, als geplant.
- Ich habe meine pure Lebendigkeit und Lebensfreude entdeckt. Ich liebe es ja, spielerisch die Freude der anderen zu wecken, das ist Teil meines Jobs. Für mich persönlich konnte ich genauso meine kindliche Freude und Lebensenergie wieder nach oben holen und ausleben.
- Vertrauen in mich selbst, in andere und in das Leben: etwas das ich mit jedem Bewegungsflow, im Zusammenspiel mit anderen, und während eines neuen Erfolges weiter in mein Leben verankern kann.
- Freundschaft und Gemeinschaft: Von Anfang hat mich am Zirkus fasziniert, wie wertschätzend, respektvoll, offen, humorvoll und liebevoll Menschen miteinander umgehen können. Egal ob auf einer convention oder in zirkuspädagogischen Projekten. Zirkus ist für mich eine große Familie, die ich mir immer gewünscht hatte.
- Geduld mit mir selbst und Frustrationstoleranz aufbauen. Aiaiai, auch das war eine meiner größten Herausforderungen, meine Geduld ist ein ganzes Stück gewachsen, aber es bleibt an mancher Stelle ausbaufähig, und das ist okay!
Weshalb ich erst keine Zirkuspädagogin werden wollte, aber dann doch eine wurde
Eiiiigentlich wollte ich mit meiner Bachelorarbeit über die “Potenziale der Zirkuspädagogik in der Persönlichkeitsentwicklung” das Thema Zirkus für mich abhaken, denn ich dachte, ich könne von dem Beruf eh nie leben (Spoiler: Es geht doch! Sogar mit Kind und Lebensgefährten, der auch als Zirkuspädagoge arbeitet :)).
Aaaaber ich kam einfach nicht drum herum. Mein Herz schrie: Da lang! Und ich musste ihm einfach hinterher. Zirkus war und ist für mich immer noch eine der wirkungsvollsten Methoden, um Menschen in ihrer persönlichen Entwicklung ganzheitlich zu begleiten und zu bestärken, und das mit einem Haufen Spaß dabei. - Best combination.
Denn das war immer meine Motivation: ich wollte Menschen dabei helfen, sie selbst zu werden. All ihre Freude, innere Stärke und ihre eigene besondere Persönlichkeit zu entdecken und zum Strahlen zu bringen. Denn jede einzelne Person, kann mit ihrer eigenen Farbe, mit dem eigenen inneren Leuchten, unsere Welt zu einem bessern Ort machen.
That’ s what I want: Menschen dabei helfen, ihre individuellen Gaben und Stärken, ihr einzigartiges Leuchten, zu erkennen, damit sie mit ihrem Strahlen Innovation, Vielfalt und Liebe in die Welt bringen und sie damit positiv verändern können. Klingt vielleicht für manche patetisch oder kitschig, ist aber so.

Zirkusliebe - warum ich den besten Job der Welt habe
Meine alte Zirkusklasse fragte mich kurz vor Jahresende: “Äääh Leute, 10 Jahre ist es jetzt schon her … wollen wir uns dieses Jahr noch spontan zu’ nem Klassentreffen verabreden?” Ich: “Ich kann an dem Termin leider nur per Telefon dabei sein, ich mach an dem Tag einen Familienzirkus”.
“Leider” klein geschrieben, denn mir wurde in dem Moment klar: Mega! 10 Jahre ist meine Ausbildung her, und ich habe es geschafft meinen Traum zu verwirklichen: nämlich hauptberuflich als Zirkuspädagogin zu arbeiten. Ich habe es geschafft schon 10 Jahre lang so so viele Menschen in ihre volle Kraft und ihr Strahlen zu begleiten. Die meisten aus meiner Zirkus-Klasse arbeiten mittlerweile in einem anderen Beruf. - Das ist für mich perönlich unvorstellbar geworden.
Ich liebe es als Zirkuspädagogin zu arbeiten, immer noch! Ich liebe es:
- nach 25 betröppeltem “Ich kann das nicht” die Begeisterung in der Stimme zu hören, wenn mir zugerufen wird: “Tereza! Tereza! Guck mal, ich kann’s!”
- bei meinen Teilnehmer:innen den Willen in den Augen blitzen zu sehen, wenn sie einen neuen Move anfangen zu lernen, weil sie wissen, dass sie es irgendwann schaffen
- mit meinen Teilnehmenden zu spielen und die Spiele-Kinder sogar in den Erwachsenen heraus zu kitzeln, die sich wirklich über ihre Spielzeit freuen
- das Giggeln und Lachen der Teilnehmenden zu hören, wenn ich ihnen etwas erkläre, und mich dabei etxra und von Herzen gern selbst zum Obst mache, um ihnen die Angst vor Fehlern zu nehmen
- den Stolz und das Selbstbewusstsein in den Augen und der ganzen Körperhaltung zu sehen, wenn Teilnehmende ihre Herausforderungen gemeistert haben oder auf der Bühne ihre Skills präsentieren
- zu sehen, wie eine Gruppe zusammen wächst und sich gegenseitig wertschätzend und liebevoll unterstützt und bestärkt
- Kinder und Erwachsene in den Bewegungsflow zu begleiten, in dem sie offentsichtlich 100% da sind, in ihrem Element und scheinbar alle Hindernisse oder Schwierigkeiten auf der Welt für den Augenblick vergessen
- dass Kinder die vor Jaaaahren in einem meiner Kurse waren, und nun schon groß geworden sind, mir davon erzählen, wie wichtig und schön der Zirkus für sie war
- zu sehen, wie die Kinder und Erwachsenen die ich begleite, nach einer gemeisterten Herausforderung, nach der nächsten Challenge fragen, weil sie mittlerweile selbst fest daran glauben, dass sie sie meistern werden
- und und und und und
Ich kann aus tiefstem Herzen sagen: Ich habe den besten Job der Welt!
Meine Reise durch verschiedene Zirkusse und Konzepte
Am Anfang meiner hauptberuflichen Arbeit als Zirkuspädagogin, war ich in verschiedenen Zirkussen als Trainerin engagiert. In Zirkussen wie dem Cabuwazi (Friedrichshain, Kreuzberg, Tempelhof, Treptow), dem Circus Montelino, Circus Marotte, Zirkus MoMoLo und Dobbelino habe ich hauptsächlich mit Schulklassen und Ferienkindern gearbeitet oder Nachmittagskurse angeboten. Im Circus Sonnenstich durfte ich mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit und ohne Beeinträchtigungen Zirkusshows kreieren.
Nun kann ich seit 2017 in Leipzig und mittlerweile als Mama, offline und online meine eigenen Ideen und Angebote ganz frei kreieren und umsetzen. Richtig cool.
Meine Vision für die kommenden 10 Jahre
Ich habe die Vision, wenn ich in 10 Jahren mein 20. Jubiläum feiere (oh mein Gott!!), ist Folgendes passiert:
- Women-Power! Ich habe eine Frauen-Zirkus-community ins Leben gerufen, in dem sich Frauen regelmäßig online und offline treffen, sich gegenseitig austauschen und unterstützen, um durch Zirkustraining, Memntaltraining und das Kreieren eigener Nummern in ihre volle Kraft zu kommen.
- Abenteuerreisen! Ich organisiere inspirierende Zirkusreisen mit der Frauen-Zirkus-community, bei denen wir gemeinsam Zirkus und Persönlichkeitsentwicklung mit unvergesslichen Abenteuern verbinden.
- Zirkusduft! Ich arbeite wieder öfter in einem Zirkuszelt – einem Ort, der sich für mich immer wie Zuhause anfühlt.
- Handstand, ich knack dich! Ich habe die Herausforderung gemeistert, easy eine Minute lang einen Handstand zu stehen – und dabei meine Geduld auf’ s nächste Level gehoben.
- “The stage is yours”! Ich zeige eigene Zirkusnummern, um meine eigenen Geschichten und Emotionen zu teilen.
Ich bin so dankbar für die Zeit bis hierher und für alle Erfahrungen die ich machen durfte. Für alle Mentor:innen, Trainer:innen und teilnehmenden Menschen mit denen ich in der Circus Akademie und in den folgenden zehn Jahren lernen durfte. Für meinen Körper, meine Kraft, meine Lebensenergie und Freude, und für meine Individualität.
10 Jahre voller Abenteuer, und die Reise fühlt sich an, als hätte sie eben erst begonnen. Ich freue mich auf all die Möglichkeiten und Überraschungen, die die nächsten 10 Jahre bereithalten. Das Abenteuer Zirkus – und Leben – es geht weiter!
By the way: Wenn du neugierig geworden bist, wie Zirkus dich in deiner persönlichen Entwicklung weiterbringen kann, schau dir unbedingt meinen Blogartikel "Zirkus für Erwachsene: Vorhang auf für dein inneres Wachstum" an.